«Wir haben Geschichte geschrieben»

Als im Frühjahr ukrainische Geflüchtete vor den Bundesasylzentren Schlange standen, halfen uns Kolleginnen und Kollegen aus sämtlichen Departementen, der Bundeskanzlei und den Parlamentsdiensten, um den Ansturm zu bewältigen. Dankbar blicken wir zurück auf diese - bis anhin einmalige - Unterstützungsaktion innerhalb der Bundesverwaltung.

Sie kamen zahlreich und sie kamen schnell: Anfang März suchten Tausende Vertriebene aus der Ukraine in der Schweiz Schutz vor den kriegerischen Auseinandersetzungen in ihrem Land. Um diesen Menschen schnell und möglichst unbürokratisch Schutz gewähren zu können, aktivierte der Bundesrat am 12. März den Schutzstatus S – ein neues Verfahren, das im Asylgesetz zwar vorgesehen ist, aber bis dahin noch nie angewandt worden war. Deshalb musste es im SEM ad hoc entwickelt und auch gleich in die Praxis umgesetzt werden. Eine riesige Leistung. Jeden Tag traten so viele Schutzsuchende in die Asylzentren des Bundes ein, wie sonst Asylsuchende in einem Monat. Sowohl unsere Strukturen als auch unsere Kolleginnen und Kollegen kamen in dieser Krisensituation an ihre Grenzen.

Enorme Solidarität

«Drei Personal-Massnahmen halfen mit, diese Krise zu bewältigen», bilanziert Meret Stoppia, Leiterin Human Resources SEM, rückblickend. In Absprache mit der Geschäftsleitung rief sie als erste Sofortmassnahme den SEM-internen «Unterstützungspool Ukraine» ins Leben: Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen des SEM meldeten sich freiwillig, um die am stärksten belasteten SEM-Einheiten zu unterstützen. «Die Solidarität war enorm», so Stoppia. «Innert kürzester Frist hatten wir 110 SEM-Kolleginnen und -Kollegen beisammen, die von einem Tag auf den anderen einen besonderen Einsatz in den Bundesasylzentren leisteten.»

Zeitgleich zeigte sich, dass auch unsere Identifikationsspezialistinnen und –spezialisten dringend unterstützt werden mussten. Das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit BAZG sowie das Bundesamt für Polizei fedpol stellten unbürokratisch und rasch Kolleginnen und Kollegen frei, damit alle Asyl- und Schutzsuchenden identifiziert und ihre Ausweise überprüft werden konnten. Bis dato waren knapp 200 Kolleginnen und Kollegen des BAZG und von fedpol für das SEM im Einsatz.

133 zusätzliche "Poolies"

«Weil der Strom der Geflüchteten nicht abnahm, kam dann die Idee auf, den Unterstützungspool SEM auf die gesamte Bundesverwaltung auszuweiten», erzählt Meret Stoppia. Eine Pionierleistung. Einen derartigen, departementsübergreifenden Unterstützungspool hatte es noch nie gegeben. Und auch das Echo auf den Aufruf war beispiellos: 120 Personen meldeten sich und leisteten als sogenannte «Ukraine-Poolies» aus verschiedensten Bundesämtern einen mehrmonatigen Arbeitseinsatz an allen Standorten des SEM. Sie lösten auch jene SEM-Mitarbeitenden ab, die davor über Wochen und oft ohne Ruhetage im Dauereinsatz gestanden hatten. Erst mit der schrittweisen Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden über Temporär-Büros und über offene SEM-Stellen, konnten die meisten Bundesangestellten per Ende August wieder in ihre angestammten Bundesämter zurückkehren.

Eine Erfolgsstory

«Für uns ist der Ukraine-Unterstützungspool eine grosse Erfolgsstory», sagt Meret Stoppia. Und nicht ohne Stolz fügt sie hinzu: «Wir haben damit in der Bundesverwaltung Geschichte geschrieben.». Möglich gemacht hat dies - neben vielen engagierten SEM- und Bundesangestellten - auch ein flexibles und unbürokratisch funktionierendes HR- und IT-Team SEM, das Eintrittsprozesse beschleunigte und sämtliche Pool-Mitarbeitenden mit den notwendigen Berechtigungen und IT-Mitteln ausstattete. Die gemachten Erfahrungen aus dieser Aktion werden nun systematisch gesammelt und durch eine externe Firma evaluiert, «damit wir diese Unterstützungspool-Idee noch verfeinern und aus unseren Erfahrungen im Hinblick auf die Zukunft lernen können», so Stoppia. «Klar ist, wir möchten in einer nächsten ähnlichen Situation noch besser und flexibler aufgestellt sein.»

Ein Modell mit Zukunftscharakter

Die Erfahrungen aus den SEM-internen und bundesweiten Unterstützungspools Ukraine sollen auch im Hinblick auf die neue Personalstrategie des Bundes 2024 bis 2027 genutzt werden, denn der Bundesrat möchte das Bundespersonal in Zukunft flexibler und effizient dort einsetzen können, wo eine Verwaltungseinheit besonders gefordert ist und kurzfristig zusätzliche personelle Ressourcen benötigt. Erste Entscheide in diese Richtung wurden getroffen und die gesetzlichen Grundlagen dafür in der Bundespersonalverordnung geschaffen.