Selbstbewusst und stilsicher steht sie Modell für den Fotografen. Sofort merkt man; Omayma el Tahir befindet sich nicht zum ersten Mal vor einer Kamera. Sie strahlt eine Überzeugungskraft aus. Sie kennt ihre Mission; sie verfolgt sie bereits ihr ganzes Leben lang. Obwohl sie auf den Fotos nicht lacht – dafür ist die Thematik auch zu ernst – ist die Bielerin im Grundsatz eine Frohnatur. Eine, die sich niemals von ihrem Weg hat abbringen lassen.
Die Beschneidung junger Mädchen ist vielerorts ein Tabuthema – auch in der Schweiz und in Europa ist es schwierig, die betroffenen Familien mit diesem Thema zu konfrontieren und sie mit Argumenten zu überzeugen. Die Mädchenbeschneidung ist in der Schweiz seit 2012 gesetzlich verboten. Trotzdem leben hier 22 000 potenziell gefährdete oder betroffene Personen – für Omayma el Tahir ist jedes Opfer eines zu viel.
Die Kämpferin an vorderster Front wurde selber als fünfjähriges Mädchen im Sudan beschnitten. Schon als sie noch in ihrer Heimat lebte, engagierte sich el Tahir im Kampf gegen die Verstümmelung des weiblichen Körpers. Das Wichtigste aus der Sicht der Sudanesin ist die Aufklärungsarbeit: Ob hier, im Sudan, in Eritrea oder Ägypten spielt keine Rolle – Hauptsache, man spricht offen darüber. Dabei bestimmen oftmals die Grossmütter oder Tanten, ob die kleinen Mädchen beschnitten werden, weiss Omayma el Tahir. Dieser Tradition gilt es entgegenzuwirken.
Einer der wichtigsten Fakten ist: Die Mädchenbeschneidung beruht laut el Tahir nicht auf religiösem Hintergrund, sondern ist eine historische Entwicklung. Entgegen vieler Vorurteilen hat der Islam mit diesem Ritual nichts zu tun, es wird auch von Christen und anderen Religionsgemeinschaften regelmässig praktiziert.